Hallo an alle! Den Text hat mir ein Bekannter geschickt! Den wollte ich Euch nicht vorenthalten!
Neulich am Bikertreff
Nun kommt sie wieder, die Zeit der Salonbiker auf Ihren heißen, chromblitzenden Öfen, die mit der untergehenden Sonne um die Wette strahlen. Erkennen kann man diese Spezies an ihrer Uniform, meist in Form sehr hochwertiger Leder- oder Textilbekleidung nebst einer mit bunten Aufnähern übersäten Jeansweste aus der Abteilung "lenorweich und aprilfrisch". Da gibt es dann Kalenderweisheiten á la "Biker töten nicht- sie werden getötet!" oder auch "Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben" zu lesen. Weitere Klassiker sind "Wer bremst, verliert!" oder auch "Wer bremst ist feige". Ganz harte Kerle sticken noch "live hard, ride fast, die young!" auf die "Kutte".
Garniert wird das Ganze mit zahllosen Aufnähern von Versammlungen ähnlich kerniger Burschen, sogenannten Motorradtreffen. "DragStar Eifeltreffen 2001: Der Gott, der Eisen wachsen ließ, wollte keine Plastik-Motorräder" oder "VN-Treiber 1999: Ich lenke, also bin ich!" steht da zu lesen. Hinten auf der Weste sind dann noch Adlerabzeichen aufgenäht (damit man ordentlich Ärger bekommt, wenn sich ein "richtiger" Rocker von so einer Aufmachung vergackeiert fühlt). Das ganze Ensemble würzt man noch mit diversen Pins, Ansteckern und Fan- Accessoires- fertig ist der Desperado von Oberbömmelburg!
Diese munteren Feierabendrebellen sitzen meistens auf schweren, verchromten Stahlungetümen vom Schlage einer Daelim 125 oder (oha!) einer 125er Virago ("sieht doch aus wie eine Harley!"). Manchmal hat Vati auch noch den Führerschein der Klasse eins nachgemacht, dann fährt er eine "große" 535er Virago oder auch eine VN 800. Diese Fahrzeuge ("Bikes") werden gerne noch mit allerhand Chromdeckeln und Messingadlern verziert, auf dem Getriebedeckel liest man dann noch "ride or die" oder "ride free".
Gekauft hat der Wochenend-Outlaw dieses schwer angesagte Equipment im Frühlings-Saisonstart-Warmup-20%-auf-alles-Sortiment der großen Drei, sprich bei Louis, Hein Gericke oder Polo. Man träumt von der eigenen Harley, aber der Bausparvertrag wird erst in einigen Jahren zuteilungsreif. Solange behilft man sich eben und pimpt sein stählernes Baby mit Custom-Zubehör von der Stange. Sieht ja auch irgendwie echt aus. Und um dem Nachbarn in der Reihenhaussiedlung mal zu zeigen, wo der Hammer hängt, reicht diese Karikatur eines Choppers oder Cruisers auch dicke aus.
Wenn die Temperaturen im Frühjahr wieder ansteigen und sich dauerhaft in der Gegend von (mindestens) 20 Grad ansiedeln, dann wirft Vati, der Gesetzlose, am Samstagmorgen einen besorgten Blick aus dem Fenster seines im Gelsenkirchener-Barock eingerichteten Wohnzimmers: Wird heute die Sonne den ganzen Tag scheinen? Ja? Dann auf zur großen Motorradtour!
Mutti bekommt noch einen kernigen Schmatz auf die mit Brötchenkrümeln dekorierte Futterluke ("warte nicht mit dem Essen auf mich, ich mach' heute 'ne Tour!"), und dann schwingt sich der wackere Revoluzzer (im Hauptberuf ist er Leiter der Sparkassenfiliale in Kleinniedersten-Kleckenwedel) in seine Freizeitmode (oben beschriebene Ledertracht nebst Weste, Klapphelm und Boots) und ballert mit dem feuchten Traum seiner verkorksten Jugend zum nächsten Bikertreff.
Ein Bikertreff ist in meistens irgendeine verwarzte Kaffeebude. In Norddeutschland findet man sowas direkt hinter einem Deich (meist in der Nähe eines Fähranlegers), in Süddeutschland am Fuße einer ansonsten touristisch eher unbeachteten Kurvenstrecke. Auf dem Weg dahin parkt er mit seinem Eisenhaufen alle relevanten Kurven zu, so daß Menschen, die keine "Biker" sind, nicht mehr vernünftig Motorradfahren können.
Nach der brutalen Anfahrt von etwa 20 Kilometern bis zum Bikertreff steigt der Mann breitbeinig von seiner Maschine. Er riecht nach Benzin, Schweiß, Testosteron, Nivea Gesichtspflege für die reifere Haut und der kompletten Pflegeserie von Old Spice (bestehend aus sieben Haupt- und 13 Nebenprodukten).
Er öffnet die nietenverzierten schweren Ledertaschen, die hinten am Rad scheuern ("die waren so schwer anzubauen, die Riemen paßten gar nicht richtig!"), entnimmt ihnen das Handy, ein schweres Biker-Portemonnaie (mit Kette!) und eine Bandana mit aufgedruckten Totenköpfen. Damit bedeckt er seinen schon etwas lichter werdenden Haarschopf. Eine verspiegelte Sonnenbrille vervollständigt schließlich das Outfit. Purer Machismo tropft aus jeder Pore, als er mit leicht abgespreizten Armen und schwerem Gang zur Kaffeebude geht. Nieten und Ketten klirren. Ein Cowboy des 19. Jahrhunderts hat den Saloon von Santa Fé mit weniger Würde betreten, nachdem er seine Herde den berühmten Trail entlang getrieben hat.
Mit einem lässig hingeworfenen "Moin Erna!" begrüßt er die Wirtin der Kaffeebude (ein umgebauter Wohnwagen vom Typ "Knaus Südwind" Baujahr 1977). Lässig zückt er seine Lederbörse und ordert zwei Pötte Kaffee, einen schwarz und einen mit Milch. Neuerdings hat Erna nämlich sogar echtes Porzellangeschirr, um ihre kleinen Snacks und Getränke zu kredenzen. Bis zum letzten Jahr gab es nur Plastikbecher. Nur Löffel gibt es noch nicht, dafür so eigenartige Plastik-Stöckchen. Bittesehr, macht sieben Euro fuffzich, hier haste Acht, stimmt so.
Mit den beiden Pötten in der Hand ("Tassen" sind was für Spießer!) nimmt er nun Kurs auf seine Gesinnungsgenossen. Erwin hat er schon von weitem erspäht. Der bekommt den zweiten Kaffee in die Hand gedrückt, woraufhin es zum klassischen Biker-Dialog kommt: "Moin Erwin, du alter Triebtäter. Wie is'?" – " Moin Werner, alter Bankräuber. Och, muß ja. Und selbst?" – "Auch." Es folgt ein längeres Fachgespräch im Tenor "Hasse schon geseh'n: Jürgen hat seine Dragstar im Winter total umgebaut!"– und man bewundert eine neue Werkzeugrolle, eine verchromte Sissybar und ein Windschild von der Größe des Voroberbramsegels der 'Gorch Fock'.
Jürgen ist hocherfreut über das Interesse der Bikerkumpels an seinen Umbauten. Man schwelgt in Projekten die da noch kommen mögen ("Ich will mir ja jetzt noch 'ne Sitzbank holen, da gibt's jetzt eine aus den Sackhaaren des Chinesischen Zwergseidenhamsters!") und anderen wichtigen Männerthemen ("Was meinst'- kommt Schalke noch mit'm Arsch hoch?").
So ein Bikertreff wird außerdem gerne von Supersportlern und sonstigen Rennsemmeln besucht, die den ganzen Tag auf dem abgelegenen Parkplatz hin- und herfahren, unterbrochen nur von Benzingesprächen wie "Ich habe ja nun doch das vordere Schutzblech aus Carbon angeschraubt. Spart locker weitere 50 Gramm ein!". Der Knabe, der diese Worte spricht, wird vom Fachpersonal im Klamottenladen gerne bedient mit den Worten "Wir haben das Modell hinten im Laden auch nochmal für den…" *hüstel!* "…etwas kräftigeren Herrn."
Auch der "sauschwere Serienpott", der obendrein noch klingt "wie eine erkältete Nähmaschine", wurde im Rahmen der Gewichtsoptimierung und des Sound-Engineerings gegen einen Endschalldämpfer mit silikonbeschichteten Edelstahlfedern aus slowenischer Fertigung ersetzt. Ein Schalldämpfer (auch als "DB-Killer" bezeichnet) ist was für Weicheier.
Vati und seine Kumpels haben für diese hirnlosen Raser nur einen verächtlichen Blick übrig. Sie verbringen den Tag unter Ihresgleichen im angenehmen Gespräch, unterbrochen nur durch das Holen und Entsorgen von dreieinhalb Litern Kaffee, zwei Fischbrötchen, drei Portionen Pommes 'Schranke', einer Currywurst, einem Jägerschnitzel, einem Schaschlik, drei Dosen Beck's Alkoholfrei und einem Fläschchen Underberg.
Pro Person versteht sich.
Gegen 17:00 Uhr setzt Vati seinen Klapphelm auf. Noch einen für auf den Weg, dann verabschiedet er sich herzhaft von den Kumpels, bevor er die Heimreise antritt. Pünktlich zur Sportschau ist er wieder zuhause. Mutti wartet schon mit dem Essen auf ihn, aber er winkt nur ab: "Nee, laß mal. Ich bin noch völlig platt. War 'ne geile Tour heute!"
Gruß Dietmar
Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger. (Kurt Tucholsky)
Nicht nur die Harley-Szene lebt schon lange von diesen Klischees. "Bieder im Alltag und cool sein am Wochenende". Dietmar, "uncool" sein ist nicht mehr im Trend. Darum schätze ich es sehr, mit Töff-Fahrer unterwegs zu sein, die einfach Freude haben am Fahren und so noch die letzte möglichen Freiheiten auf der Strasse geniessen wollen. Das Ziel muss nicht immer ein Biker-Treff sein, sondern kann auch ein Ausflug mit unseren Motorrädern in die Natur sein, verbunden mit einer schönen Wanderung oder verbunden mit einem Besuch in einem Museum etc. Nicht das Motorrad steht hier im Vordergrund, sondern der Mensch der auf der Maschine sitzt!!!
In diesem Sinne, danke ich dir für diesen mutigen Artikel.
danke für die Blumen, aber der Artikel ist nicht aus meiner Feder. Ich habe ihn von einem Freund bekommen, aber mir hat der Bauch vor Lachen weh getan.
Gruß Dietmar
Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger. (Kurt Tucholsky)
Wundervoll - und wie wahr!!! Aber so kann MANN von kleiner Welt das Wochenende eben noch genießen, und am Montag in seiner Filiale von der geilen Tour erzählen...
Lasst es uns wie von PARI beschrieben genießen!
Habe mich herrlich amüsiert, und leider meiner Chefin vorgelesen; sie hat besonders bei den 50g und der Bekleidung für den ...ähh...Herrn geschmunzelt! Kann mir das jemand erklären?
Aber so ist es nunmal. Heute will alle Welt so sein wie die richtigen Rocker und kaufen sich ihre Free Biker Colous im Netz, machen am WE bissl einen auf dicke Hose und lassen mal den wilden Mann raus. Gut, sei ihnen gegönnt. Ich bin auch kein Rocker, aber kenne inzwischen genügend von denen, um sagen zu können, da läufts anders. Wenn ich mir das so anschaue, wie bei denen das Clubleben abläuft und wie die das ausleben, da können wir nur von träumen.
Ich hab es mal ein paar Wochen lang versucht, beim Horex Rocker MC regelmäßig dabei zu sein, aber ich habe es nicht geschafft. Bei dem Club geht der Club vor Arbeit und Familie. Und es muß gefahren werden. Auch im Winter sind die oft mit Motorrädern unterwegs bei 5 Grad haben die eine Ausfahrt nach Friedberg gemacht. Für mich der reine Wahnsinn, aber die leben das. Sogar am Heilig Abend waren die den ganzen Tag auf Tour und Abends Party. (Waren hier 10 Grad tagsüber dies Jahr Weihnachten) Dann die Optik. Tätowiert bis auf die Hände und teilweise bis ins Gesicht, Bärte die ungepflegt und wild wachsen und lange Haare, in denen sogar die Zopfbänder die Farben des Clubs haben. Extrem und Kompromißlos. Ist deren Welt. Da finde ich es mittlerweile schon recht albern, wenn z.B. Banker am Wochenende dann einen auf "wilden Rocker" machen, so wie es im Artikel treffend beschrieben ist. Am Montag dann, wenn sie wieder in der Bank stehen, würden sie so nem tätowierten Langhaarigen nicht mal einen Kredit geben. Aber am WE wollen sie sich mit ihnen Identifizieren. Da passt was nicht recht zusammen.
Jetzt letztes WE erst war ich bei den Night Creepers MC. Die Clubs die dort waren wie Black Devils, Wolfsmond, Horex Rocker, Dragspeed, Roadbreakers und wie sie alle gehießen haben, sind ein ganz anderer Haufen als die Jungs die am WE mal bissl zu ihrem schön Wetter Imbiss fahren.
Da ich vor den Rockerclubs inzwischen großen Respekt habe, da die eben für ihre Rückenabzeichen "leben" und das Clubleben bei den meisten auch unter der Woche stattfindet, würde ich nie eine "Rockerkutte" mit Patches aus dem Netzt oder gar noch Free Biker Germany Rückenabzeichen kaufen und damit rumfahren. Ich bin der Meinung, man ist entweder Rocker und dann voll und ganz, oder man lässt es sein und ist WE Biker, so wie ich, dann aber ohne Kutte und Gehabe.
Man kann auch Motorradfan sein, ohne sich wie ein Rocker "schmücken" zu müssen, finde ich. Also ich brauch kein Totenkopf Kopftuch, kein 3 Tage Bart und auch keine Kutte mit harten Sprüchen, die ich nicht "lebe". Wenn ich sehe das die Horex Rocker zum Beispiel, "Fuck the World" auf ihren Kutten und auch tätowiert haben, dann kann ich mich mit solch einem Spruch nicht wirklich identifizieren. Zu solch einer Aussage kann ich nicht stehen, somit würde ich sie auch nicht aufnähen. Das die das ernst meinen, ist mir klar. Aber ich bin eben kein Rocker, sondern Familenvater mit Frau und Wochenend VR6. Ganz ohne Tätowierungen und langen Haaren.
Trotzdem kann ich mit denen befreundet sein, mit denen feiern, auch mal eine Ausfahrt mitmachen oder einfach mal privart treffen und "Benzin quatschen". Aber für ein Mitglied, bin ich einfach nicht der richtige Mann. Zu wenig Zeit für Clubleben, zu sehr integriert in der Gesellschaft, zu normal um ein Rocker zu sein. Aber das macht mir nichts aus. Ich bin schon zu frieden so wie es ist.
In Köln heißt es: Jeck los Jeck ellans - frei übersetzt: Jeder Verrückte achtet jeden anderen Verrückten und lässt ihn gewähren.
Es muss doch nicht alles in einen Kult ausarten oder übertrieben werden. Selbstdarsteller suchen sich halt ihre Be(s)tätigungsfelder - der eine mehr - der andere weniger.
Ich möchte einfach nur Motorradfahren - und sonst gar nichts!!!
Für mich sind alle gleich - mit Ausnahme von: Trikefahrern und den Fahrern mit Achselschweiß (ihr wisst schon - die mit dem meterhohem Lenker)
Sehr gute Einstellung von Chrissy! Es ist viel "aufregender", Familienleben und Motorradfahren unter einen Hut zu bekommen als nur für einen Club zu leben, der letztendlich die Polarisation fordert. Zu Hermann: Lass uns doch so tolerant sein und Trikefahrer akzeptieren, wer weiß, welcher von denen kein gutes Gleichgewichtsgefühl mehr hat, oder auch nie mehr einen Motorradführerschein machen würde (könnte)? Zu den Achselnässern: deren Problem, erinnern mich immer an den Zoo... aber auch da: solange friedlich - ok... Wieviele halten uns mit den recht lauten VR6ern für Rüpel und Halbstarke, nur weil sie einem Klischee hinterherhinken?!
Für mich zählt nur die Freude am Fahren bei hoffentlich weiterhin häuslicher Harmonie!
Ja klar. Wieso nicht? Soviel ich weiß, sind früher viele Rocker noch alte Horex gefahren.Und heute eben auch noch. Zwar deutlich weniger als in den 70er und 80er Jahren, aber es gibt sie noch. Ist doch toll, wenn sowas erhalten bleibt und weitergeführt wird, meinst du nicht auch?
bin seit über 20 Jahren in einem MC, auch wenn ich weder lange Haare habe noch tätowiert bin - und fahre Horex. Passe also nicht in euer Klischee... Hatte aber letzten September beim Treffen mit Dieter den Eindruck, dass wir Horex-Fahrer ein Haufen Individualisten sind. Meine Einstellung: Jeder soll seinen eigenen Stiefel fahren - und doch mit seinen Mitfahrern/Clubkameraden auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Dazu ist zunächst mal ein Haufen Toleranz erforderlich.
Gut beschrieben! Grundsätzlich gibt es echte und unechte Verrückte. Mir sind die Echten lieber. Denn sie müssen nicht jedes Wochenende auf's neue verkleiden. Einmal im Jahr Karneval ist o.K., aber nicht jedes Wochenende. Da bleibe ich lieber uncool und freue mich auf jede neue Begegnung auf der Strasse, sei es ein Honda-, Harley-, Triumph-, BMW-Fahrer. Um so mehr freue ich mich, wenn ich einen von euch in Zukunft auf den Strassen in der Schweiz treffen werde.
Schweiz ist sehr sehr schön aber auch furchtbar teuer wenn man sich nicht genau an die Regeln hält, mache daher gerne einen Umweg mit dem Moped, die Chancen stehen daher nicht so gut.................
ganz gemütlich und erst noch einer der schönsten Töfftreff der Welt. Dieser liegt nicht weit von meinem Zuhause. Michi, wer eine Horex sein Eigen nennt, dem sollte die Schweiz doch ein Butterbrot sein. Oder nicht?